Biosimilars: Vertrieb, Verschreibung, Sub-Märkte, Preise

Biosimilars: Vertrieb, Verschreibung, Submärkte, Market Access

1. Biosimilars – Argumente die zählen

2. Biosimilars – Vertrieb erfordert Verständnis der Sub-Märkte

3. Biosimilar – Market Access im Überblick (folgt)

1. Biosimilars – Argumente, die zählen

Biosimilars sind die Generika der Biopharmazeutika.

Sogenannte Biologicals haben die Behandlung vieler Erkrankungen revolutioniert. Sie sind mittlerweile neuer Therapie-Standard in der Behandlung vieler schwerer Erkrankungen, wie z.B. Diabetes, Autoimmunerkrankungen oder Krebs. Wer kann sich heute eine Welt ohne (Human-)Insuline vorstellen, die ja zu den ersten Biologicals überhaupt zählten?

In Struktur und Herstellung sind diese Arzneimittel allerdings sehr komplex und deshalb oft sehr hochpreisig. 12 der 20 teuersten Arzneitherapien weltweit sind Biologicals (Quelle: Mylan Germany GmbH). So ist davon auszugehen, dass nur ein Bruchteil aller Patienten, die von diesen Therapien profitieren könnten, sie tatsächlich bekommen.

Ziel ist, dass mehr Patienten als bisher Zugang zu diesen innovativen Therapien bekommen: Biosimilars – die Generika der Biopharmazeutika – können möglicherweise durch ihre günstigeren Preise dazu beitragen!

Nach aktuellen GAMI-Daten von 2018 hat der Umsatz austauschfähiger Fertigarzneimittel unter den Biologika 2018 3,59 Mrd. € erreicht; dazu kommen biosimilarfähige Wirkstoffe aus dem Zubereitungsmarkt für weitere 580 Mio. €. Damit entfallen aktuell 10 % aller Arzneimittelkosten der GKV auf diese Medikamentenklasse. Weitere Patentabläufe lassen diesen Markt wachsen.

Neben vielen Forschungsaktivitäten, v.a. im Bereich der Onkologie und  Autoimmunerkrankungen, sind auch die zunehmende Zahl sog. „Nachahmer-Produkte“, also Generika in diesem Bereich, an dieser Entwicklung mit beteiligt. Für generische Biopharmazeutika hat sich der Begriff Biosimilars etabliert.

Da die Zulassung und Produktion biopharmazeutischer Produkte aufwändig ist, werden Biosimilars oft nur 20 bis 30 % günstiger in den Markt gebracht, als die Originale. Das unterscheidet sie von ihren „kleinen Brüdern“, den Generika. Der Markt der biopharmazeutisch hergestellten Medikamente ist also eher hochpreisig. Gleichzeitig sind die von diesen Produkten bedienten Indikationen häufig Wachstumsmärkte: Rheuma, Krebs, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Multiple Sklerose, usw.

Alles zusammen führt dazu, dass die wachsende Zahl an Biosimilars von der Politik wohlwollend zur Kenntnis genommen wird und nach Kräften versucht wird, eine Substitution der teuren Original-Therapien durch die Biosimilars zu forcieren.

Beim Einsatz von Biosimilars sind die Fachärzte noch etwas zögerlich

Biopharmazeutika und Biosimilars sind – bedingt durch ihre Indikationsgebiete – klassische Facharztpräparate. Die betroffenen Facharztgruppen (Onkologen, Rheumatologen, Neurologen, Dermatologen) sind in der Vergangenheit bei der Behandlung Schwerstkranker weitestgehend von Budget-Vorgaben verschont geblieben. Die Basis dafür sind zahlreiche Praxisbesonderheiten, die z.B. die Arzneimittelversorgung vieler Krebs-Patienten oder Insulin-Patienten oder MS-Patienten ohne Anrechnung auf die fiktiven Arzneimittelbudgets erlaubte. Die Thematik „Wirtschaftlichkeit“ war dadurch in diesen Indikationen nie so vordergründig, wie in anderen therapeutischen Bereichen.

Weiter gelten viele Patienten in diesen Bereichen als schwierig einzustellen. Und bei einem Wechsel in der Therapie von einem biopharmazeutischen Original auf ein sogenanntes Biosimilar ist „gefühlt“ eher mit leichten Veränderungen zu rechnen, als bei klassischen Generika, denn die „Identität“ ist ja eben nicht gegeben – nur eine (sehr starke) Vergleichbarkeit.

Die Krankenkassen haben aber spätestens mit Eintritt mehrerer Infliximab-Biosimilars (Original Remicade®) in den Jahren 2015/2016 und in 2018/2019 der Einführung diverser Adalimumab-Biosimilars (Original = Blockbuster Humira® ) das enorme Einsparpotential in diesem Bereich entdeckt und zügig mit den ersten Quoten für die Wirkstoffruppen reagiert.

Untersuchungen der AOK (2019) weisen Arzneimittel-Kosten der GKV von jährlich 4 Mrd € im Sektor der patentfreien biopharmazeutischen Produkte aus. Nach Einschätzung der AOK könnten bei konsequentem Einsatz biosimilarer Produkte jährlich 750 Mio € gespart werden.

Mit Blick auf diese riesigen Wirtschaftlichkeitsreserven ist zu erwarten, dass auch die Fachärzte sich künftig in immer mehr KVen mit Biosimilar-Quoten auseinander setzen müssen. Damit wird der Druck auf den wirtschaftlichen Umgang mit diesen Hochpreismedikamenten zunehmen.

Der Gesetzgeber zieht schon die Daumenschrauben an

In dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung GSAV (gültig seit Juni 2019) ist die verpflichtende Substitution von hochpreisigen Biologika durch Biosimilars bereits für 2023 vorgesehen und die Organe der Selbstverwaltung sind aufgefordert, näheres zu regeln.

Gesetzgeber und Kassen erhoffen sich mehr Preiswettbewerb in diesem Marktsektor.

Wenn Sie Fragen zu den Themen haben oder Interesse an einem persönlichen Gespräch – rufen Sie uns gern an oder schicken Sie eine Mail:

2. Biosimilar-Vertrieb erfordert Verständnis der Sub-Märkte

Um erfolgreich zu sein im Biosimilar-Vertrieb, wird Verständnis für die Sub-Märkte vorausgesetzt. Bei jeder Vertriebsstrategie wird eingangs ermittelt, wer für dieses Produkt die Entscheider sind. Das kann sich für Hersteller der Biosimilars, für die die Märkte zu Beginn einer Einführung oft noch neu sind, sehr verwirrend darstellen.

Sub-Märkte: Entscheiderstrukturen abhängig von Applikationsform

Im Markt der Biopharmazeutika können sich die Entscheiderstrukturen abhängig von der Applikationsform des Biosimilars unterscheiden:

Für Biosimilars in Fertigsspritzen beispielsweise trifft vorrangig der Arzt vor Ort mit seiner Verordnung die Entscheidung pro oder contra Biosimilar bzw. Originator. Für Biologica, die patientenindividuell zubereitet werden müssen, liegt dagegen die Entscheidungsmacht schwerpunktmäßig bei den zubereitenden Apotheken bzw. Compoundern.

Biologica in Fertigspritzen:

Ärzte belassen ihre Patienten derzeit noch gern beim Originator. Sie fürchten den Widerstand der Patienten bei der Umstellung und fühlen sich durch die Quoten der KV nicht hinreichend gedrängt, ihr Verordnungsverhalten zu ändern. Der Erfolg eines Biosimilars steigt, wenn dieses z. B. einen wie auch immer gearteten Vorteil gegenüber dem Originator oder den Biosimilars der Mitbewerber bietet (dünnere Kanüle, weniger oder andere Hilfsstoffe o.ä.).

Viele der mit Biosimilars auf den Markt drängenden Unternehmen haben bei den einzelnen Fachgruppen noch keine Biologika-Expertise. Diese muss zunächst durch zuverlässige, beharrliche Betreuung erarbeitet werden. Die Strategie, der Außendienst müsse hier nichts über das Produkt wissen, der Arzt müsse ja nur statt dem Originator das Biosimilar auf das Rezept schreiben, greift etwas kurz, da die Kunden ein gewisses Fachwissen erwarten, um dem Biosimilar-Unternehmen eine Biologika-Expertise zuzusprechen.

Der Außendienst kann daneben den Arzt über die Quoten der jeweiligen KV informieren und mit aktuellem gesundheitspolitischem Wissen punkten (z.B. zu aktuellen Substitutionspflichten im Bereich der Biosimilars, siehe unter Aktuelles Biosimilars. Hierbei schätzen Ärzte, wenn der Außendienst ihnen Hilfestellung gibt, wie sie ihrerseits ihren Patienten die Umstellung erklären können.

Biologica in Zubereitungen:

Biosimilars werden zum Teil in patientenindividuellen Zubereitungen parenteral verabreicht. Neben dem behandelnden Arzt ist hier die zubereitende Stelle (sogenannte Zyto-Apotheken oder Compounder mit Herstellerlaubnis) an der Entscheidung, ob der Originator oder ein Biosimilar eingesetzt wird, beteiligt. Die zubereitende Stelle kauft das Biologikum ein und hat ein wirtschaftliches Interesse, seinen Gewinn als Differenz zwischen den Abrechnungsmöglichkeiten nach der Hilfstaxe und den beim pharmazeutischen Unternehmen  ausgehandelten Einkaufspreis zu maximieren. Für einen Außendienst, der in diesem Markt erfolgreich sein möchte, ist es wichtig, die Einflussnahmen zu klären und die Entscheider zu identifizieren:

  • Ist es der Hersteller, der auf seine Ärzte einwirkt, was diese verordnen sollen?
  • Oder ist es der Arzt, der bei seiner zubereitenden Stelle auf einem bestimmten Biologikum (Originator oder Biosimilar) besteht?

Für Gespräche auf Augenhöhe zwischen Außendienst und Facharzt bzw. Hersteller sind mehr noch als Produktkenntnisse Marktkenntnisse entscheidend, damit die richtigen Fragen gestellt werden und die richtige Argumentations- und ggfs. auch Preisstrategie ausgewählt werden kann.

Einsatz/Verschreibung: Stationär oder ambulant

Interessant für die Vertriebsorganisation ist auch die Frage, ob der betrachtete Wirkstoff vornehmlich stationär oder eher ambulant eingesetzt wird.

Stationär verwendete Ware wird im Regelfall über die KH-Apotheke bzw. die Krankenhausversorgende Apotheke beliefert. Im Falle von Zubereitungen (siehe oben) heißt das nicht automatisch, dass die KH-Apotheke die Zubereitungen selber hergestellt hat..

Krankenhausambulanzen rechnet man regulatorisch dem niedergelassenen Bereich zu. Arzneimittel (inkl. Zubereitungen) werden hier grundsätzlich „auf rotem Rezept“ verordnet. Unter bestimmten Umständen kann aber auch hier die Belieferung über eine KH-Apotheke / eine Krankenhausversorgende Apotheke erfolgen. Es kann aber auch sein, dass gerade biopharmazeutische Zubereitungen auch auf anderen Wegen in die Krankenhausambulanzen gelangen …

Wenn Sie Fragen zu den Themen haben oder Interesse an einem persönlichen Gespräch – rufen Sie uns gern an oder schicken Sie eine Mail:

Bleiben Sie bei diesem Thema am Ball – siehe neueste Artikel rechts und weitere Artikel zu Biosimilar lesen Sie hier!

Die Zusammenfassung können Sie als pdf herunterladen.

801, 2019

Substitution von Biosimilars

Biosimilars sind „Generika der besonderen Art“. Das warf von Anfang an die Frage nach Substitutionsfähigkeit und Substitutionspflicht „Substitution bei Biosimilars“ auf.

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